„Einfach mutig durchsingen“

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Mehr als 230 Sänger aus der Region schlossen sich am vergangenen Wochenende zu einem stimmgewaltigen Projektchor unter der Leitung des renommierten schwedischen Dirigenten Robert Sund zusammen. Zum Abschluss präsentierten sie sich mit einem eindrucksvollen Programm in der Wallmeroder Kulturhalle.

Wallmerod. Fast möchte man glauben, was der schwedische Chorleiter Robert Sund in der gut besetzten Sport- und Kulturhalle sagt. „Hier ist das Männerchorzentrum der Welt,“ ruft er vergnügt ins Publikum.

Das lacht – und ist doch ein wenig stolz, denn tatsächlich ist bei diesem Konzert nichts vom flächendeckenden Dahindümpeln des Männerchordaseins zu spüren. Wenigstens ein Wochenende lang ist die kleine Gemeinde im Westerwald eine Oase des guten Tons. Rund 230 Männer und vier Frauen aus der Region haben mit Robert Sund vier Chorwerke vorbereitet und erstaunliche Stimmqualitäten bewiesen. „Wenn es gut wird, ist es gut, und wenn nicht, müssen wir einfach mutig durchsingen“, fasst der Meister das Programm zusammen.

Am beeindruckendsten ist dabei die vermutlich abgedrehteste Komposition, die jemals in und um Wallmerod zu hören war. Es ist das Musikexperiment „Rondes“ des Schweden Folke Rabe. Hier wird der Chor durch obertonigen Wellengang dirigiert und gleichzeitig sanft choreographiert. Im langsam daherrauschenden Piano meint man hohe Blechbläser zu hören, deren Musik jedoch immer wieder von xhosa-ähnlichen Knacklauten in eine andere Richtung getrieben wird.

Teil dieses angenehmen und amüsanten Spektakels ist ein plötzlicher, wohlplatzierter Fortissimo-Kracher, ausgeführt von Jürgen Faßbender, der aus diesem großen Chor heraustritt und die Sänger mit einem präzisen Schimpf-Staccato verlässt.

Unterdessen wabert der Klang weiter und wird vorübergehend in vier Teile zerschnitten, die jeweils von Unterdirigenten geleitet werden und sich schließlich wieder vereinen. Und selbstverständlich wird auch Jürgen Faßbender wieder in die Reihen aufgenommen. Wie dieses klangvolle Chaos in eine Partitur gegossen worden sein könnte, ist schwer vorstellbar. Was dagegen bleibt, ist der Eindruck von einer großartigen Tonwelt. Robert Sund, der stets freundliche Meister am Pult, sagt, selbst wenn es nicht so aussieht, „wir wissen genau, was wir hier machen“.

Das wussten die Sänger an den beiden Tagen, an denen sie sich zu einem gewaltigen Workshop-Chor zusammengefunden hatten. Sie wollten herausfinden, wie es ist, mit einem der ganz Großen der Chormusik zu arbeiten, einem, in dessen Vokabular Attribute wie „schlecht“ oder „falsch“ fehlen.

„Das war sehr schön“, findet Robert Sund und strahlt seine Sänger an. „Das machen wir gleich noch einmal und noch schöner.“ So klingt Motivation.

Die Männer und Frauen vom Liederkranz Berod, von der Cäcilia Gackenbach, von der „Frohen Stunde“ Weroth sowie die anderen teilnehmenden Sänger entspannen sich und üben erneut eine Passage von Arthur Halls „High Barbary“. Und die gelingt in der Tat so viel schöner, klarer und mitreißender, dass Robert Sund jubelt: „Sind meine Ohren richtig? Das war phantastisch!“

Dabei macht es der schwedische Chorleiter und Komponist seinen Sängern keineswegs einfach. Gleich zu Beginn des Workshops hatte er eine Einsing- und Aufmerksamkeitsübung geleitet, die ein hohes Maß an Konzentration verlangte: In gleichbleibendem Rhythmus sollten die Zahlen bis zwanzig als Tonleiter gesungen werden, wobei bei der Ziffer drei und deren Vielfachem zusätzlich geklatscht und bei vier und dem Vielfachen gestampft werden sollte. Richtig geklappt habe das nicht, räumt Barbara Nöst-Butz, Kreischorleiterin aus Mayen, ein, aber alle hätten großen Spaß gehabt. Darum geht es bei dieser Veranstaltung.

Und diesen Spaß hört man dann auch beim Abschlusskonzert, bei dem sich die mehr als 230 Sänger nach dem finnischen, mit tiefen Bässen unterlegten „Iltapilviä“ von Toivo Kuula und mit Mathieu Neumanns „Abschied“ für diese bemerkenswerte Begegnung mit Rubert Sund bedanken.

Von Anken Bohnhorst-Vollmer

Artikel: http://www.fnp.de/lokales/limburg_und_umgebung/Einfach-mutig-durchsingen;art680,789787

© 2014 Frankfurter Neue Presse

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